Gedanken
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Schwarz-weiß

Was ich über Rassismus gelernt habe

Irgendwann letztes Jahr ging ein Aufschrei durch die Handarbeitscommunity. Es ging um Rassismus und Diversität und ich habe das Problem ehrlich gesagt nicht verstanden. Wir sind alle Menschen und überall gibt es Idioten Idiot*innen und nette, freundliche Menschen. Ist doch egal, wer welche Hautfarbe hat, oder? Die kurze Antwort: nein. Man muss nur ganz vorsichtig an diesem Lack kratzen, dann merkt man schnell dass es leider überhaupt nicht egal ist.

Ich lebe in der blütenweißen Mitte Mitteleuropas. Ich bin weiß. Meine Umgebung ist weiß. Mein Freundeskreis ist weiß. An mir ist nix Besonderes, ich bin ganz normal. Und genau da liegt das Problem. Auf den ersten Blick spielt Rassismus in meinem Alltag keine Rolle. Aber wenn man genauer hinschaut vielleicht doch.

Ich fahre viel mit dem Zug. In unserer kleinen Grenzstadt steht oft die Bundespolizei am Bahnsteig und hat die aussteigenden Fahrgäste fest im Blick. Ganz selbstverständlich werden nur ausländisch aussehende Menschen nach ihren Papieren gefragt. Ich kann einfach vorbeigehen, ohne kontrolliert zu werden. Ok, man mag einwerfen, die verstoßen halt naturgemäß öfter gegen Einreisegesetze. Die Wahrscheinlichkeit einen Treffer zu landen ist höher. Aber allein, dass wir das gar nicht mehr hinterfragen ist doch schlimm, oder? Und überhaupt – wieso wollen wir nicht, dass diese Menschen in unser Land kommen? Vielleicht sollten wir das auch mal in Frage stellen.

Ich liebe Stricken. Wenn ich im Internet nach Strickmustern suche, schlägt mir der Algorithmus zuerst Arbeiten weißer Designer vor. Weil sich Gleiches gerne zu Gleichem gesellt? Keine Ahnung. Ich denke nicht darüber nach und klicke mich auch nicht bis zum Ende der Suchergebnisse durch. In der Handarbeitscommunity gibt es die die Seite BIPOC in Fiber, wo explizit nichtweiße Designer eine Plattform bekommen. Hier gibt es den Ansatz einer kreativen Lösung, aber wie sieht es in anderen Bereichen aus?

Ich liebe Geschichten. Ob Bücher, Filme, Serien, Theater, Oper – egal. Ich kann mich mit den Protagonist*innen identifizieren, weil sie in der Regel so aussehen wie ich. Ich verschwende gar keinen Gedanken daran, dass es auch anders sein könnte. Der Film Crazy Rich Asians von 2018 war besonders, weil zum ersten Mal in einer großen Hollywood-Produktion nur asiatisch-stämmige Schauspieler gecastet wurden. Als ich das gelesen habe, habe ich mir zum ersten Mal Gedanken darüber gemacht wie es sein muss, wenn in allen Geschichten, die man liest, hört und sieht, die Protagonist*innen anders aussehen als man selbst. Was ist das für ein Gefühl?

Es geht nicht nur um offenen Rassismus, obwohl der leider auch viel weiter verbreitet ist als wir denken. Es geht vor allem darum zu verstehen, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Weißsein die Grundeinstellung ist. Das Default-Setting. Die Werkseinstellung. Als weiße Menschen sind wir automatisch privilegiert, obwohl wir auch nicht besser oder schlechter sind als andere. Charakter ist keine Frage des Aussehens – das gilt auch für uns.

Es ist an der Zeit, dass wir uns an unsere weißen Nasen fassen und mal scharf überlegen, warum die Welt so ist wie sie ist. Und vor allem was wir dagegen tun können.

Hier sind nur ein paar Links, die uns auf den Weg bringen können:

https://www.daserste.de/unterhaltung/comedy-satire/carolin-kebekus-show/videos/brennpunkt-die-carolin-kebekus-show-folge-3-video-100.html

Exit Racism von Tupoka Ogette

Alice Hasters im Zeit-Podcast

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